Zwillinge stillen – ein Abgesang

Fast sieben Monate lang haben die Zwillbos Nahrung aus eigener Herstellung bekommen – fünfeinhalb davon ausschließlich. Das hätte ich mir zeitweise nicht träumen lassen, und nicht selten war es alles andere als ein Spaziergang [wer geht auch schon mit zwei Kindern an der Brust spazieren? Also, ich nicht!]

Praktische Lösung 

Ich zähle mich definitiv nicht zu den Still-Fundamentalisten, deswegen war ich oftmals selbst erstaunt, mit welcher Willenskraft es mich gepackt hatte. Nach anfänglicher Plackerei lief es dann längere Zeit auch richtig gut – im wahrsten Sinne des Wortes. Da war es für uns alle die praktischste und günstigste Lösung.

Zuhause, bei Freunden und der Familie hab ich meist beide Jungs gleichzeitig abgefüttert. Unterwegs war in der Regel der lautere der Beiden zuerst dran. Ich erinnere mich an einen Ausflug im November. Es war vermutlich einer der wenigen bitterkalten Tage überhaupt in diesem Winter, dem ersten Zwillbo-Winter der Menschheitsgeschichte ganz nebenbei bemerkt. Am Fuße der Burg Altena stand unser Auto auf einem verlassenen Parkplatz. Während der Zwillbo-Papa mit einem Kind in der Trage seine Runden um den Wagen drehte, bekam das andere auf der Rückbank seinen Imbiss – eingekuschelt in meine Winterjacke.

Pepe hat der Brust etwa mit fünfeinhalb Monaten entsagt. Jede Mahlzeit war ein Kampf für den kleinen Hitzkopf. Ob zu viel oder zu wenig kam, die Umgebung interessanter war – wir werden es wohl nie erfahren. Dass er Brüste auf einmal doof fand, daran werde ich ihn später mal erinnern. Ich für meinen Teil fand es schlimm, wenn das Kind bei jeder Mahlzeit brüllen muss – für es selbst, aber auch für mich. Also sind wir nach und nach auf die Flasche umgestiegen, teils mit Pre-Nahrung, teils mit abgepumpter Milch.

Nahrung – ganz gleich, aus welcher Quelle

Mads war in Sachen Speisung von jäh her unkomplizierter. Er nahm, was er kriegen konnte, ganz gleich aus welcher Quelle. Also hab ich ihn noch ein bisschen weiter gestillt, schließlich lehrt uns selbst Klaus Hipp in der Werbung, Muttermilch ist das Beste für Ihr Kind. Ich frage mich, ob Milchhersteller wohl dazu verpflichtet sind, das zu propagieren, aber das nur nebenbei.

Wie hoch der Entspannungsgrad allerdings ist, wenn man mit zwei Kindern allein ist, das eine zu stillen versucht, während man zur Unterhaltung des anderen die Rassel schlägt, kann sich selbst der Laie vorstellen. Auch die Milchpumpe dann noch regelmäßig in Betrieb zu nehmen wurde immer nerviger.

Aber ich hätte wohl nicht zwei so willensstarke Kinder in die Welt gesetzt, wenn ich nicht eigentlich einen Plan gehabt hätte. Ich wollte sechs Monate stillen. Nicht zum ersten Mal im Zwillbo-Zeitalter prallten Wunschvorstellungen und Realität aufeinander. Also justierten wir von „sechs Monate stillen“ auf das Modell „Zwiemilch und Beikost“. Das ging eigentlich zunächst ganz gut. Mein Körper hat allerdings die Gunst der Stunde genutzt und hat von massenhafter Milchproduktion auf Sparmodus gestellt – was auch an diversen Infekten gelegen haben kann.

Imbiss im 1,5-Stunden-Takt

Jedenfalls hat Mads sich irgendwann dazu entschlossen, nachts alle 1,5 Stunden einen Imbiss zu sich zu nehmen, um das Sättigungsgefühl aufrecht zu erhalten. Und bei aller Liebe zur gesunden Ernährung – irgendwann muss das Mutterschiff auch mal Energie tanken. Ich hatte erst die Befürchtung, das Kind könnte auch mit der Flasche im gleichen Takt hungrig und wach sein und hatte nicht viel Lust, den größten Teil der Nacht Milchpulver anzurühren. Außerdem musste ich mich innerlich erst mal von dieser intensiven Babyzeit verabschieden.

 

Bald Selbstversorger.

 

Also hab ich noch ein paar Wochen weiter durchgehalten. Weiter gestillt, weiter abgepumpt. Bis zum nächsten Infekt, noch mehr Schlaflosigkeit und bis die Zwillbos fast sieben Monate alt waren. Dann hab auch ich eingesehen, dass Aufwand und Nutzen kaum mehr im Verhältnis zu einander stehen. Schließlich hab ich mich getraut, dem einen Kind nachts die Flasche zu geben und das andere ebenfalls vollständig auf Pre-Nahrung zu setzen. Und es funktioniert. Mads muss nicht mehr alle ein bis zwei Stunden überprüfen, ob ich noch da bin. Er schläft. Vier Stunden, fünf, vergangene Nacht sogar sechs am Stück. Ich wage vorsichtigen Optimismus und Hoffnung auf etwas mehr Schlaf nach sieben Monaten.

Es war ein kleiner Abschied, der mich trotz aller Anstrengung das eine oder andere Tränchen gekostet hat. Schließlich kommt diese Zeit mit den Zwillbos nie wieder. Aber ich freue mich auch über die neue alte Freiheit.

Ich muss nicht mehr jede meiner Mahlzeiten eines genauen Sicherheitsscans auf Zwiebeln, Chili etc. unterziehen. Wenn ich krank bin, kann ich mich jetzt theoretisch mit dem ärgsten abschießen, was die Pharmaindustrie zu bieten [bei diesem Fulltimejob ist das nicht zu unterschätzen, denn Kinder akzeptieren offenbar keine Krankenscheine]. Ich kann begeisterten Zwillbo-Großeltern beim Füttern zuschauen und einfach mal für ein paar Stunden verschwinden. Und ich kann schlafen. Ab und an wieder länger als zwei Stunden am Stück. Möge die Nacht mit uns sein!

7 Kommentare Gib deinen ab

  1. Kuntabunt sagt:

    Ich bewunder Dich, dass Du es überhaupt sooo lange ausgehalten hast! Ich habe nach zwei Wochen schon kapituliert 😕

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    1. doppelkinder sagt:

      Danke 😊 ich sag ja, Dickschädel 😃

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  2. dashuhn85 sagt:

    Und dann dieses gefühl, den eigenen körper endlich wieder für sich zu haben. Großartig! Ich hatte den paln drei monate zu stilltn, während der elternzeit vom göga. Und daraus wurde ein halbes jahr. Aber das abstillen hat mir sehr gut getan

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    1. doppelkinder sagt:

      Wow, doppelt so lange, das ist toll! Ich spüre auch, dass mein Körper es mir dankt! Liebe Grüße 😃

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  3. Martin Scharnowski sagt:

    Freu mich immer wieder auf diesem Weg von meinen Enkeln samt Kindern zu hören – du schreibst einfach toll, Julia

    Martin

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    1. doppelkinder sagt:

      Danke, lieber Schwiegerpapa! Wir freuen uns aber auch schon sehr, euch am Wochenende persönlich zu treffen! 🙂

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